Ein kleines Festival für ungehörte Musik
Wenn man heute einen Blick auf Europa wirft, so wie es ins 21. Jahrhundert gestartet ist, möchte man meinen, dass das vorangegangene Jahrhundert den allgemeinen Aufbruch in die Demokratie darstellte. In gewisser Weise stimmt das auch, nur dass dabei nicht außer Acht gelassen werden darf, dass dieser Aufbruch – der im Westen früher, im Osten später erfolgte und noch nicht überall abgeschlossen ist – aus Niederungen erfolgte, in denen Diktaturen vor allem faschistischer und kommunistischer Prägung den alten Kontinent hineingetrieben haben.
Das Diktum, dass das erste Opfer des Krieges die Wahrheit sei, gilt auch für jede Form von Gewaltherrschaft. Unmittelbar nach der Wahrheit folgt die Kultur. Was alles an Zivilisationswerten vom Faschismus und Kommunismus zerstört, unterdrückt, begraben und zum Schweigen gebracht wurde, wird in seiner Gesamtheit nicht zu rekonstruieren sein. Umso wichtiger aber ist es, dass man das Wenige, das sich in unser kollektives Bewusstsein als Menschen wieder einfügen lässt, erneut zutage fördert.
Dies ist in der Musik vielleicht schwieriger als in den anderen Künsten, liegt Vergänglichkeit doch ohnehin im Wesen einer Kunst, die aus Klängen besteht, die unmittelbar nach ihrer Entstehung sich wieder auflösen. Wird das Entstehen selbst dem Vergessen übergeben, bleiben Werke der unliebsamen Komponisten – von Viktor Ullmann über Norbert von Hannenheim bis zu Pascal Bentoiu – also ungespielt, dann verstärkt sich diese Gefahr. Das sollte nicht passieren, denn – wie Theodor Adorno einst ausführte - gerade die Vergänglichkeit ihrer Natur ist es, die dazu führt, dass Musik von allen Künste diejenige ist, die am Ende stets das Leben feiert.
Diese Tradition zu ehren und aufrechtzuerhalten, zu Unrecht vergangene Musik wieder zu beleben und sie freundlicheren Gestaden zuzuführen, ist das Ziel von pontus musicae.
|